FAQ: Elbebrücke der B 172 in Bad Schandau
Stand vom 29. November 2024
Thema Brücken in Sachsen
Thema Brückenbauwerk und Schadensbewertung
- Was passiert aktuell?
- Fakten zum Bauwerk
- Warum musste die Brücke gesperrt werden? Wie konnte es zu der plötzlichen Sperrung kommen?
- Was hat sich seit der letzten Prüfung verändert?
- Wurden frühere Untersuchungsergebnisse falsch eingeschätzt?
- Besteht Einsturzgefahr für die Elbbrücke in Bad Schandau?
- Was waren die ersten Maßnahmen, um einen schnelle Instandsetzung/Ertüchtigung möglich zu machen?
- Was sind die nächsten Schritte/ was wird untersucht?
- Welche möglichen kurzfristigen/mittelfristigen Lösungen werden geprüft?
Thema Verkehr
Thema Brückenbauwerk und Schadensbewertung
Was passiert aktuell?
Die beauftragten Gutachter haben die Bestandsunterlagen geprüft und darauf basierend einen Prüf- und Messplan sowie ein Probenahmekonzept entwickelt. Das Konzept umfasst:
- Bauwerksdiagnostik: Sichtung und Öffnung des Betons am Unterspannband zur Sichtbarmachung möglicher Schäden, insbesondere der Längsrisse und am Spannstahl
- Materialentnahmen und Laboranalysen: Bewertung von Festigkeiten und potentiellen chemischen Belastungen
- Nachrechnungen und Monitoring: Bewertung der Standsicherheit durch Messungen und Berechnungen
Derzeit konzentrieren sich die weiteren Maßnahmen auf eine detaillierte Bauwerksdiagnostik. Die erste installierte Messtechnik dokumentiert fortlaufend Veränderungen am Bauwerk. Diese Messtechnik liefert wichtige Erkenntnisse für die weitere Bewertung der Brücke.
Die Maßnahmen zur Sicherung und Vorbereitung der Materialentnahmen und Tests im Zuge der Bauwerksdiagnostik haben am Montag dem 25. November begonnen und konnten bereits abgeschlossen werden. Die Schadbilder und Bewehrungslagen im Hohlkasten wurden zerstörungsfrei geprüft und dokumentiert. Des Weiteren sind erste Untersuchungsbereiche freigelegt und Proben für die tiefere Analyse im Labor entnommen. Diese Arbeiten werden voraussichtlich bis in die erste Dezemberwoche weitergeführt werden. Parallel wird an einer statistischen Bewertung des Zustandes gearbeitet.
Die Bauwerksdiagnostik soll im Dezember 2024 abgeschlossen werden. Je nach vorgefundenen Zuständen der Baustoffe folgen dann die weiteren Schritte (Nachrechnungen/Monitoring).
Fakten zum Bauwerk:
Baujahr: | 1977 |
Brückenlänge: | 292 Meter, Hauptfeld über die Elbe (Stromfeld) 100 Meter lang mit Unterspannband |
Brückenbreite: | 13,85 Meter mit zwei Fahrstreifen und beidseitigem Gehweg |
Konstruktionsart: | einzelliger Spannbetonhohlkasten |
Statisches System: | 4-Feld Durchlaufträger, Hauptfeld unterspannt |
Verwendetes Baumaterial: | im Unterspannband über der Elbe unter dem Brückenüberbau unter anderem spannungsrissgefährdeter Hennigsdorfer Spannstahl (unter bestimmen mechanischen und chemischen Voraussetzungen neigt dieser zu spontanem Versagen) |
Letzte Instandsetzung: | 2001 bis 2003 |
Verkehrsmengen: | durchschnittlich 6.790 Kfz in 24 Stunden (DTV); Schwerverkehrsanteil (> 3,5 t) 3,3 % |
Planmäßig ist das Unterspannbandes mittels Spannstahl (rot markierte Pfeile) vorgespannt worden. Es sollte somit komplett unter Druck stehen. Die dem Unterspannband damit eingeprägten Kräfte werden an den 6 Abstrebungen umgelenkt. Damit entsteht an jeder Abstrebung eine an den Überbau gerichtete unterstützende Kraft.
Warum musste die Brücke gesperrt werden? Wie konnte es zu der plötzlichen Sperrung kommen?
Im Zuge der Begehungen von Spannbetonbauwerken mit Hennigsdorfer Spannstahl wurde am Unterspannband im Stromfeld Längsrisse festgestellt, welche potentiell auf einen Schaden in der Vorspannung hindeuten können. Daraufhin wurde eine Sonderprüfung zur Risskartierung und zum Vergleich mit dem Stand der letzten Hauptprüfung 2023 (Zustandsnote 2,5) beauftragt. Im Untersuchungsergebnis der Sonderprüfung wurde eine Schadenserweiterung am Unterspannband festgestellt. Zusätzlich wurden bisher nicht beschriebene Querrisse an diesem dokumentiert, die wiederum auf eine nachlassende Vorspannungssituation des Unterspannbandes hindeuten.
Das Vorliegen dieser Anzeichen legt einen potentiellen Schaden im Unterspannband nahe, der durch weitergehende Untersuchungen bewertet werden muss. Bis zum Vorliegen dieser Untersuchungsergebnisse ist eine Aussage zur statischen Tragfähigkeit nicht möglich.
Aufgrund der Gefährdung der Tragfähigkeit war eine Sperrung der Brücke unverzüglich erforderlich. Die Maßnahme wurde vorsorglich durchgeführt, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten.
Was hat sich seit der letzten Prüfung verändert?
Seit der letzten Prüfung 2023 zeigte sich nun durch drei Anzeichen das Erfordernis für weiterführende Untersuchungen:
- Im Untersuchungsergebnis wurde eine Schadenserweiterung am Unterspannband festgestellt. Das Schadbild zeigt, dass sich die vorhandene Längsrisse im Unterspannband erweitert haben. Zusätzlich führen diese Wasser und weisen Rostauswaschungen auf.
- Es sind zusätzliche Querrisse im Spannband aufgetreten, die vorher nicht beobachtet und dokumentiert werden konnten. Diese deuten wiederum auf eine nachlassende Vorspannungssituation des Unterspannbandes hin.
- Eine parallel laufende Höhenvermessung des Überbaus hat eine deutliche Senkung des Stromfeldes ergeben. Das Mittelfeld der Brücke, welches die gesamte Elbe überspannt, hat sich um mehr als 100% (nach unten) gesetzt, als es entsprechend eines Prognosewerts der Fall sein dürfte.
Diese Indizien deuten auf innere Schäden hin, welche untersucht werden müssen.
Wurden frühere Untersuchungsergebnisse falsch eingeschätzt?
Aufgrund des Einsturzes der Carolabrücke in Dresden findet derzeit eine Überprüfung und Hinterfragung des Fachregelwerkes, insbesondere für Spannbetonbrücken unter Verwendung der spannungsrissgefährdeten Spannstähle statt.
Wie alle anderen Brücken wurde auch die Elbebrücke Bad Schandau in regelmäßigen Intervallen untersucht. Die letzte regelmäßige Prüfung fand 2023 statt und hat keine auffälligen Ergebnisse mit dem damaligen Kenntnisstand geliefert.
Besteht Einsturzgefahr für die Elbbrücke in Bad Schandau?
Aufgrund der Eigenschaft des eingebauten Spannstahls (spannungsrissgefährdet) und dessen derzeit nicht bekannten Zustandes ist ein spontanes Versagen der Tragkonstruktion ohne vorheriges Ankündigen nicht auszuschließen.
Was waren die ersten Maßnahmen, um einen schnelle Instandsetzung/Ertüchtigung möglich zu machen?
Zu den Erstmaßnahmen infolge des aktuellen Erkenntnisstands gehörte die sofortige Sperrung der Brücke, um die Gefahr für alle Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Die nun angelaufenen Untersuchungen und Messungen müssen die Fragestellung nach der Tragfähigkeit, Instandsetzungsfähigkeit und der Lebensdauer des vorhandenen Bauwerkes beantworten. Wenn diese Ergebnisse vorliegen, kann die Entscheidung über die weiteren Schritte erfolgen.
Was kostet die laufende Untersuchung?
Die Kosten der gesamtheitlichen Untersuchungen können derzeit nicht abschließend benannt werden. Sie liegen grundsätzlich in einem 6-stelligen Bereich. Hilfsleistungen (z.B. Sicherungstechnik), Materialisierung der Messtechnik, Laborleistungen usw. haben einen nicht unwesentlichen Anteil an den Gesamtkosten.
Welche möglichen kurzfristigen/mittelfristigen Lösungen werden geprüft?
Gegenwärtig werden verschiedene temporäre Lösungsmöglichkeiten geprüft, um die Region und die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten.
Ponton-Brücke
In einem gemeinsamen Termin der Bundeswehr, der Stadt Bad Schandau und des SMWA wurde geprüft, ob ein sogenanntes Kriegsbrückengerät eine denkbare Elbquerung bei Bad Schandau darstellen könnte. Dabei wurde sowohl die Möglichkeit einer Schwimmschnellbrücke als auch einer Faltschwimmbrücke an verschiedenen Standorten betrachtet.
Die steilen und bewachsenen Uferböschungen in Bad Schandau weisen eine Böschungshöhe von drei bis zehn Metern auf und benötigen eine intensive bauliche Vorbereitung zur Sicherstellung der An- und Abfahrtswege sowohl für die Errichtung als auch den zivilen Verkehr.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine solche amphibische Brücke nicht den Verkehrssicherungspflichten des zivilen Verkehres entspricht. Schäden an zivilen Fahrzeugen sind aufgrund der niedrigen Bodenfreiheit - die Höhenunterschiede zwischen den Brückengliedern können bis zu 20 Zentimeter betragen -, steilem Auffahrwinkel und unterschiedlicher Bauart zu militärischen Fahrzeugen nicht auszuschließen.
Die Elbe hat im betreffenden Bereich eine Breite von etwa 120 Metern und eine Fließgeschwindigkeit von 0,8 m/s. Im Falle von Hochwassern, welche regelmäßig eintreten, erhöht sich diese Fließgeschwindigkeit durch die enge Tal-Lage erheblich. Dies hätte zusätzliche Sicherungsarbeiten am Kriegsbrückengerät zur Folge.
Eine solche dauerhafte errichtete Behelfsbrücke unterbindet den Schiffsverkehr nachhaltig und vollständig. Unser Ziel jedoch ist es, den Schiffsverkehr baldmöglichst wieder zu ermöglichen. Eine dauerhafte Beeinträchtigung für den internationalen Schiffsverkehr zwischen Tschechien, Dresden und Hamburg als auch für die Sächsische Dampfschifffahrt wäre gravierend.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Errichtung eines Kriegsbrückengerätes im Umfeld der Elbbrücke zudem nur mit hohem personellen Aufwand seitens der Bundeswehr, aufwendiger Vorbereitung und erheblichen Arbeiten an der Zufahrten und Eingriffen in die Uferbereiche der Elbe realisierbar sind.
Im Ergebnis der Prüfung und Ortsbeschau muss festgestellt werden, dass die Variante einer militärischen Behelfsbrücke ausscheidet.
Nutzung der Carolabrücke auch für Autoverkehr
Geprüft wird eine Nutzung der Brücke im Mischverkehr (Bahn und straßengebundene Fahrzeuge) sowie eine temporäre Umnutzung nur für den straßengebundenen Verkehr. Aufgrund des vorhandenen Brückenquerschnittes ist eine Nutzung im Gegenverkehr sowie eine Nutzung für den Geh- und Radwegverkehr nicht möglich. Hierzu stehen wir im Austausch mit der DB als auch dem zuständigen Verkehrsverbund. Ergebnisse sind voraussichtlich bis Ende des Jahres zu erwarten.
Sanierung/Ertüchtigung bestehender Brücke
Die nun angelaufenen Untersuchungen und Messungen müssen die Fragestellung nach der Tragfähigkeit, Instandsetzungsfähigkeit und der Lebensdauer des vorhandenen Bauwerkes beantworten. Erst wenn diese Ergebnisse vorliegen, kann die Entscheidung über die weiteren Schritte erfolgen.
Bau einer Behelfsbrücke
Der Bau eines Behelfsbrückenzuges über die Elbe stellt eine weitere mögliche Lösung dar. Geprüft werden die Führung der Behelfsbrücke unter Nachnutzung der vorhandenen Pfeiler der Carolabrücke (Eisenbahnbrücke) sowie die Führung oberstrom der vorhandenen Brücke.
Thema Verkehr
Wie wird der Verkehr aktuell geregelt?
Mit der Sperrung der Brücke am 6.11.2024 wurde im ersten Schritt die Brücke für den Verkehr gesperrt. Über die Abfahrt am Bahnhof Bad Schandau kann entsprechend gewendet werde. Auf der Stadtseite wird der Verkehr über die Rampe Basteistraße von der B 172 auf die S 163 im wechselseitigen Verkehrsführung mittels Ampel (LSA) abgeleitet. Die S 163 und die angrenzenden Radwege, die kurzzeitig gesperrt waren, wurden am 15.11.204 wieder für den Verkehr freigegeben.
Um die Verkehrslenkung aus Richtung Tschechien effizient zu gestalten und Beeinträchtigungen im Raum Děčín zu minimieren, wurden auch die tschechischen Behörden im Kreis Děčín und Bezirk Ústí nad Labem frühzeitig über die Brückensperrung und geplante Maßnahmen informiert. Der Verkehr wird gezielt über die tschechische Staatsstraße 62 und die B 172 in Richtung Bad Schandau umgeleitet.
Inzwischen wird eine zweite Elbfähre eingesetzt und die Fahrpläne des ÖPNV wurden angepasst. Die Nutzung der Fähre ist seit 11.11.2024 kostenfrei. Weitere Informationen und Fahrpläne erhalten Sie beim Regionalverkehr Sächsische Schweiz-Osterzgebirge GmbH (RVSOE).
Wie wird die neue Verkehrsführung organisiert?
Die rechtselbische Umleitungsführung (für den Schwerverkehr) nach Bad Schandau beginnt am linkselbischen Kreuzungsbereich von B 172a und B 172, führt dann in Richtung Stadtmitte Pirna über die B 172/Dresdner Straße zur S 164/Maxim-Gorki-Straße dann über die Altstadtbrücke zum Kreuzungsbereich mit der S 167, weiter nach Lohmen, am Hockstein zur S 163 Richtung Ziegenrücken bis nach Bad Schandau.
Diese Umleitung ist notwendig, da die Brücke über die Wesenitz im Zuge der S 167 (an der Wesnitztalschänke) aktuell auf 16 Tonnen beschränkt ist. PKW können diese ohne separate Ausweisung weiter nutzen. An der Engstelle Ziegenrücken und der S 163/Basteistraße in Bad Schandau (in Höhe des Brückenkopfes) werden zwei mobile Ampelanlagen errichtet.
Auf linkselbigen Bahnhofseite wurde am 19. November eine Einbahnstraßenregelung umgesetzt, die es nun ermöglicht, die Rampen zusätzlich als Parkflächen freizugeben. Zudem sind linkselbisch Hinweistafeln und Auskreuzungen aufgebaut. Eine Umleitung nach Bad Schandau und Děčín wird über Pirna erfolgen.
Am Donnerstag (7.11.2024) war mit den Verkehrsbehörden des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie der Stadt Pirna die Umleitungsführung besprochen worden. Für die vollständige Umsetzung der Umleitung wurden Aufträge an eine in der Region ansässige Verkehrssicherungsfirma sowie ein Ingenieurbüro erteilt.
Die beauftragte Verkehrssicherungsfirma hat am 8.11.2024 mit den Arbeiten begonnen und entsprechende Verkehrstafeln wurden schrittweise aufgestellt. Die Entwicklung der Verkehrsströme wird von den zuständigen Behörden weiter beobachtet und sich daraus mögliche Anpassungen ergeben.
Was waren die ersten Maßnahmen, um den Verkehr umzuleiten?
Die Straßenmeisterei Dohma hat das Bauwerk am Abend des 6.11.2024 umgehend für den Verkehr (auch Fußgänger) gesperrt. In den direkten Anfahrtsbereichen wurde die Ableitung des ankommenden Verkehrs organisiert. Durch den Verkehrsverbund erfolgte noch in der Nacht die Umstrukturierung der Linien und Fährverbindungen.
Wie lange wird die Sperrung mindestens aufrechterhalten werden müssen?
Die Untersuchungen und daran anschließenden statischen Berechnungen werden voraussichtlich bis Ende des Jahres Zeit in Anspruch nehmen. Auf dieser Grundlage wird danach eine Neubewertung der Situation erfolgen. Sofern belastbare Zwischenergebnisse vorliegen, wird über die daraus abgeleiteten Folgen für das Brückenbauwerk informiert.
Wer ist zuständiger/ verantwortlicher Ansprechpartner?
Die Bundesrepublik Deutschland ist Baulastträger für die Elbbrücke im Zuge der B 172 in Bad Schandau. Der Freistaat Sachsen betreut die Brücke in Auftragsverwaltung. Beim Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sitzt die zuständige Verkehrsbehörde. Zudem liegen die Aufgaben für den ÖPNV und die Rettungsdienste beim Landkreis. Diese und weitere Beteiligte stehen im engen Austausch.
Wir bitten um Verständnis, dass die vorhandenen Kapazitäten derzeit zielgerichtet eingesetzt werden müssen und Anfragen nur im erforderlichen und möglichen Umfang beantwortet werden können. Anfragen der Presse sind wie gewohnt an die zuständigen Behörden zu richten.